Interview mit Heiko Müller
Heute haben wir Heiko Müller zu Gast, Künstler und Illustrator aus Hamburg. In seinen Zeichnungen und Malereien findet sich häufig eine märchenhafte, verträumte Atmosphäre wieder – was nicht verwundert, wenn man wie Müller einen großen Wald vor der Haustür hat. Passt auf jeden Fall zur Weihnachtszeit.
In unserem Interview verriet er ARTFLAKES, dass er seine Inspiration unter anderem beim Anstarren von Putzlappen findet und auf welchen Umwegen er zum Künstler wurde.
Seit wann und warum bist du künstlerisch tätig?
Die Idee, mit Kunst bzw. Gestaltung mein Geld zu verdienen, kam bei mir schon im Kindesalter auf. Meine Eltern redeten mir aber ein, dass man, um mit Kunst erfolgreich zu sein, erstmal sterben muss. Das wollte ich natürlich nicht, und so dachte ich daran, technischer Zeichner zu werden. Spätestens auf dem Gymnasium wurde mir die Kunst dann aber doch immer wichtiger, und ich entschied mich, freie Kunst zu studieren. In dem Jahr, als ich damit anfangen wollte, starben leider meine Eltern kurz nacheinander. Dadurch verließ mich vorübergehend der Mut, einen so unsicheren Weg zu gehen, so dass ich mich kurzerhand dazu entschied, Kommunikationsdesign zu studieren.
Dann merkte ich aber relativ schnell, dass ich da nicht so recht reinpasste, so dass ich nach vier Semestern zu Illustration überwechselte. Da konnte ich mich entfalten, und gegen Ende des Studiums stellten sich auch schon die ersten Erfolge ein – ich hatte Ausstellungen und gewann einen Preis. Gleichzeitig frustrierte mich aber auch die Flüchtigkeit dieser Erfolge. Du gewinnst einen Preis, lässt dich feiern, und am nächsten Tag interessiert sich keiner mehr dafür. Die Frustration führte dazu, dass ich die Kunst aufgab und mir vornahm, zukünftig meine Geld mit Screendesign zu verdienen. Diese Phase dauerte sieben Jahre. Während dieser Zeit stellte ich fest, dass ich immer mehr Zeit damit verbrachte in Photoshop Bilder zu zeichnen. Unabhängig voneinander empfahlen meine Freunde Henning Kles und Till Gerhard der Galerie Feinkunst Krüger, mit meinen digitalen Bildern einen Ausstellung zu machen.
Der Galerist akzeptierte, und die Ausstellung wurde überraschenderweise ein großer Erfolg. Ich war begeistert, und in meiner Euphorie schickte ich Anfragen an die wichtigsten Lowbrow-Galerien der USA. Ich bekam auch positive Resonanz, aber nur bis die Galeristen begriffen, dass es sich um digitale Bilder handelte. Das traf mich schwer, zumal ich wusste, dass ich eigentlich ganz gut malen und zeichnen konnte. Also entschied ich mich, einige meiner digitalen Kreationen mit Öl auf Holz zu malen. Das ist inzwischen sechs Jahre her. Sechs Jahre mit mehr als 48 Ausstellungen in aller Herren Länder und ca. 80 Veröffentlichungen. Davon hätte ich als Kind nicht zu träumen gewagt.
Welche Art von Kunst machst du?
Momentan male ich mittelformatige Bilder (80 x 80 cm – 100 x 100 cm) auf Leinwand. Meistens fange ich mit Acryl an. Eigentlich kann ich mit Acryl nicht besonders gut malen, aber gerade das reizt mich. Meine Unfähigkeit zwingt mich dazu, meinen Perfektionismus über Bord zu werfen, so dass ich etwas freier und offener arbeiten kann. Irgendwann wechsle ich dann aber immer zu Öl, um meine Bilder fertig zu malen.
Woher nimmst du deine Inspiration?
Vom Wald vor meiner Tür, dem Hirschen in Nachbars Garten, den Feldern neben der A1 zwischen Hamburg und Lübeck, Kindheitserinnerungen, dem Staunen meiner Kinder, flickr, Google, der Kunst meiner Lieblingskünstler, den Bilder von Künstlern, die ich hasse, weil sie schon die Bilder gemalt haben, die ich gerne gemalt hätte, Horrorfilmen, Filmen über Jesus, Märchenfilmen aus der DDR, alten Kinderbüchern, Bunter Kinder Kosmos, Wildparks, Kunstkatalogen, meinen Studenten, Ausstellungen, dunklen Kellern, verlassenen Gebäuden, alten Türmen, alten Hütten, Hochsitzen, Reisen, Spaziergängen, Joggen, Twin Peaks, Konzerten, Licht, Schatten, Regen, Sonne, Musik, dem Anstarren meiner Bilder, dem Anstarren anderer Bilder, dem Anstarren von Putzlappen, etc…
Wie sieht ein gewöhnlicher Arbeitstag bei dir aus?
Da gibt es bei mir sehr viele Varianten. Auch weil ich drei Jobs mache – freischaffender Künstler, Lehrbeauftragter für Malerei an der HAW Hamburg, und dann habe ich noch eine kleine Medien-Agentur.
Wie verbringst du den perfekten Sonntag?
Mit meiner Familie.
Welche Schokoladensorte magst du am liebsten?
fischkopp Hamburg Schokolade von Schokovida und Galle & Jessen pålægschokolade
Zeige mir dein liebstes Kunstwerk (von dir oder einem anderen Künstler)
Das ist „Bildnis einer jungen Dame” von Petrus Christus. Das hängt in einer Vitrine in einem kleinen düsteren Nebenraum der Gemäldegalerie Berlin. Man kann es aber nicht übersehen, weil es eine magische Anziehungskraft besitzt.
Wen sollten wir als nächstes interviewen?
Patrick Fazar
Wenn du mit einem bekannten Künstler – tot oder lebendig – Kaffee trinken könntest, wen würdest du wählen?
Vor vielen Jahren saß ich mal in einem Café in Hamburg, als ich plötzlich bemerkte, dass am Nebentisch Peter Ustinov saß. Das fand ich klasse. So etwas würde ich sehr gerne mal mit Cy Twombly erleben. Am selben Tisch möchte ich aber nicht mit ihm sitzen. Da wäre ich viel zu aufgeregt. Vor einiger Zeit bekam ich eine Einladung, mich mit Jeff Koons zu treffen. Ich habe abgelehnt. Ich hätte mit Sicherheit keinen vollständigen Satz raus gebracht.
Wie lautet dein Lebensmotto?
Bloß nichts erzwingen…
Vielen Dank, Heiko!